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Bild: RBB

Kathrin Dannenberg

Gründung von Schulzentren

Rede von Kathrin Dannenberg (MdL, DIE LINKE) zum Antrag der Fraktion B'90/Die Grünen "Brandenburger Schulsystem demografiefest machen – Anreize für die Gründung von Schulzentren schaffen"

Kathrin Dannenberg sprach zum Tagesordnungspunkt 9:

8. Brandenburger Schulsystem demografiefest machen – Anreize für die Gründung von Schulzentren schaffen
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 6/412

[Rede als Video]

"Sehr geehrter Herr Vizepräsident, sehr geehrte Abgeordnete,

über die demografische Entwicklung und die Auswirkungen auf die Schullandschaft haben wir ja jetzt viel gehört. Das ist sicherlich eine Tatsache, der wir uns stellen und schnellstmöglich griffige Konzepte vorweisen müssen.
Wir sollten die Entwicklung der Schülerzahlen jedoch nicht als Bedrohung betrachten, sondern wir LINKEN sehen dies als Chance, Bildung und Schule, besonders im ländlichen Bereich, zu verändern und zu verbessern.

Wir haben die Einsetzung der Demografiekommission I durch die Landesregierung in der letzten Wahlperiode sehr begrüßt. Sie hat richtige und wichtige Empfehlungen für eine künftige Schulstruktur im Grundschulbereich geliefert. Diese Empfehlungen liegen aber leider bisher in der Schublade des Bildungsministeriums. Das ist nicht gut. Darum wollen auch wir, dass sich der Landtag und die Landesregierung darüber verständigen, wie wir die Empfehlungen umsetzen.
Wir haben nicht ewig Zeit, denn im Grundschulbereich wird noch in dieser Wahlperiode das demografische Echo spürbar werden. Die Demografikommission I empfiehlt der Landesregierung, zügig Lösungen für das Schulsystem im Bereich der weiterführenden Schulen zu erarbeiten, und daher sieht auch DIE LINKE den Bedarf für eine Demografiekommission II.

DIE LINKE hat das mehrgliedrige Schulsystem immer kritisiert und streitet für ein Umdenken im Bildungsbereich hin zu längerem gemeinsamen Lernen. In unserem Wahlprogramm heißt es dazu:
„Unser Ziel ist und bleibt die Gemeinschaftsschule, eine inklusive, demokratisch verfasste Ganztagsschule mit flexibler Schulausgangsphase zum Abitur.“

Fakt ist: Kinder werden derzeit aussortiert. Schon ab der 4. Klasse geht es los mit der Bildung von Leistungs- und Begabtenklassen. Damit werden die heterogenen Klassenstrukturen in der Grundschule ausgedünnt. Weiter geht es in der 6. Klasse mit der Entscheidung, ob das Kind auf die Oberschule, Gesamtschule oder das Gymnasium geht. Es wird weiter aussortiert, egal, ob das gut für die Entwicklung dieses Kindes ist.
Am Gymnasium sehen sich besonders Jugendliche einem enormen Leistungsdruck ausgesetzt, insbesondere diejenigen, denen das Lernen nicht so leicht fällt. An den Oberschulen kämpfen im Übrigen Kolleginnen und Kollegen mit Vorurteilen, weil dort mehr Schülerinnen und Schüler lernen, deren Leistungsdurchschnitt eher schwach ist. Hinzu kommen die SchülerInnen mit Förderbedarf. Gesamtschulen werden stark angewählt, weil man dort in drei Jahren das Abitur machen kann.
So stehen die Eltern vor der Entscheidung, was das Beste für ihr Kind ist und an welcher Schule sie es anmelden. Ihnen wurde über die Jahre erfolgreich eingeredet, dass nur das Gymnasium die besten Startchancen fürs Leben bietet. Und Sie alle hier wissen: Das trifft eben nicht für jedes Kind zu.

Schon jetzt erkennen Schüler, Eltern, Lehrer und Schulträger, dass aufgrund dieses Schulsystems Kinder und Jugendliche zu ihrer Schule durchs Land gefahren werden müssen, abgesehen davon, dass sie einen 9- bis 10-Stunden-Tag haben – Hausaufgabenzeit kommt noch hinzu – und sie dadurch zusätzlich unnötigem Stress ausgesetzt sind. Sie verlieren Lebenszeit auf der Straße. Hinzu kommen die Beförderungskosten. Kinder und Jugendliche sind aber der Puls unserer Kommunen. Die Vereins- und Nachwuchsarbeit lebt und stirbt mit ihnen. Wer zieht gern in eine Kommune, die keine Schule hat?

Eltern wollen eine gute Schule für ihre Kinder, und eine gute Schule hängt eben nicht von der Schulform ab, sondern von den Menschen, die diese Schule gestalten. Wir haben die Aufgabe, sie darin zu unterstützen und die schon bestehenden Schulzentren, zum Beispiel in Lehnin, Vetschau, Calau und Fredersdorf-Vogelsdorf, weiter zu stärken.

In diesem Ziel sind wir den Grünen sehr nahe. Aber dieses Umdenken, die Chance, länger gemeinsam zu lernen, wovon im Übrigen alle Kinder profitieren, wollen wir nicht von oben herab anordnen, sondern im Dialog mit den Beteiligten. Das ist uns wichtig.

Die Schulen müssen sich freiwillig von innen heraus verändern. Sie sollen zum mittleren Abschluss führen und dann zum Abitur. Die Schulen müssen miteinander kooperieren oder Verbünde bilden, was sich in der Schulentwicklungsplanung der Kreise niederschlagen muss. Sie müssen gegenüber anderen Schulformen rechtlich abgesichert, gleichgestellt und zusätzlich personell und finanziell ausgestattet sein.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, ist bis zum III. Quartal 2015 nicht zu schaffen.

Ich will noch einmal betonen: DIE LINKE hält es für dringend geboten, zügig über die Wege zu reden, wie wir die Schulzentren stärken und Anreize für die Gründung weiterer schaffen können und wie sich das Brandenburger Schulsystem mit Blick auf den demografischen Wandel im Sinne einer guten Bildung und Chancengleichheit für alle SchülerInnen weiterentwickeln kann.

Gern hätten wir die Initiative der Grünen aufgegriffen und ihren Antrag in den Bildungsausschuss überwiesen, aber die Auffassungen innerhalb der Koalition hinsichtlich dessen sind unterschiedlich.

Das ist schade, aber ich kann die Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen trösten: Ihr Anliegen ist klar - Sie haben den Koalitionsvertrag gelesen -, wir werden das Anliegen dieses Antrags intensiv vorantreiben, jedoch mit einer breiten Debatte und Augenmaß. Deshalb müssen wir den Antrag heute leider ablehnen.